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Lagerware ist nicht „neu“ – Wann liegt ein Mangel vor?

Im modernen Wirtschaftssystem ist es gängig, dass Hersteller Ware auf Vorrat produzieren. Egal ob Kfz-Teile oder große Küchengeräte, nicht immer werden die frisch produzierten Geräte und Produkte auch direkt vom Endverbraucher gekauft. Zum Teil kommt es dazu, dass die Produkte mehrere Jahre in Lagerhallen auf den Verkauf warten.

Doch wie lange kann ein Hersteller seine Produkte einlagern, bis das Prädikat „Neuware“ entfällt? Das OLG Saarbrücken entschied hierzu bereits im Jahr 2015, dass Kugellager, die bereits mehrere Jahre alt sind, nicht mehr als „neu“ bezeichnet werden durften. Dabei war es unerheblich, dass die Kugellager noch original verpackt waren.

Um was ging es bei dem Fall?

Der Hersteller von Kfz-Ersatzteilen bot seine Produkte auf der Plattform eBay zum Verkauf an. In der Artikelbeschreibung bezeichnete der Händler seine Ware als „neu“. Tatsächlich handelt es sich auch um ungebrauchte und originalverpackte Produkte, die jedoch bereits seit fünf Jahren im Lager des Händlers lagen.

Ein Wettbewerbsverband mahnte daraufhin den Hersteller ab. Der Verband war der Auffassung, dass es sich bei der Produktbezeichnung „neu“ im konkreten Fall um irreführende Werbung handeln würde. Durch die Bezeichnung „neu“ würden potenzielle Käufer getäuscht.

Wie entschied das Gericht?

Das OLG Saarbrücken schloss sich dieser Ansicht an. Obwohl es sich um originalverpackte und ungebrauchte Produkte handelt, spielt die Tatsache, dass die Produkte bereits einige Jahre eingelagert waren, eine gewichtige Rolle. So stellen sowohl das Alter der Produkte als auch die Lagerdauer Eigenschaften dar, welche bedeutsam für den Käufer sind. Bei einer so erheblichen Lagerdauer, laut OLG Saarbrücken, kann eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Produkte nicht ausgeschlossen werden.

Was bedeutet das für Hersteller und Verbraucher?

Hersteller von Produkten müssen bei dem Verkauf von Produkten, die bereits eine Weile im Lager stehen, darauf achten, dass sie im Zweifel einen entsprechenden Hinweis auf die Lagerware geben. Das stellt sich auch aus produkthaftungsrechtlicher Sicht als Vorteil dar, da hierdurch das Haftungsrisiko für den Hersteller sinkt. Die Sicherheitsaspekte sind sowohl für den Hersteller als auch für den Verbraucher zu berücksichtigen. Sollte ein Hersteller einen solchen Hinweis unterlassen, könnten ihm Abmahnung wegen irreführender Werbung drohen.

Verbraucher bekommen mit dieser Entscheidung ein starkes Argument an die Seite gestellt. So können insbesondere bei teuren Elektrogeräten, auch nach Ablauf der eigentlichen Gewährleistungsrechte, noch Ansprüche in Betracht kommen. So etwa, wenn ein Geschirrspüler oder Kühlschrank als „Neuware“ verkauft wird, aber sich anschließend herausstellt, es handelt sich eigentlich um eine Lagerware. So könnte hier ein Mangel an dem Gerät nach § 434 BGB vorliegen. Ein solcher Mangel führt grundsätzlich zu den entsprechenden Gewährleistungsmängeln aus §§ 437 ff. BGB (Minderung des Kaufpreises, Nachbesserung, Nachlieferung oder Schadensersatz).

Einige Händler werden dann entgegenhalten, dass die Mängelgewährleistungsfrist abgelaufen ist und Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können. Hat der Hersteller jedoch verschwiegen, dass es sich hierbei um eine Lagerware handelt, kann dieses Argument entkräftet werden. So kann es sich hierbei um eine arglistische Täuschung handeln. Wird ein Mangel einer Sache arglistisch verschwiegen, beträgt die Verjährungsfrist zunächst drei statt wie sonst zwei Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt zum Ende des Jahres, in dem der Mangel entdeckt worden ist. Das heißt, auch wenn die regelmäßige Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist, können hier noch Mängel geltend gemacht werden.

Was können Sie tun, wenn Sie eine Lagerware haben?

Hat Ihnen der Hersteller verschwiegen, dass es sich bei Ihrem Produkt um eine Lagerware handelt, so können Sie Ihre Ansprüche wegen arglistischer Täuschung prüfen lassen. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass Sie im Zweifel für die Dauer der Nutzung des Gerätes sogenannten Nutzungsersatz zahlen müssen. Das heißt, die Zeit, in der Sie das Gerät nutzen konnten, ist auf ihren Anspruch anzurechnen.

Um zu prüfen, ob Sie einen Anspruch wegen Lagerware habe, können Sie mich gerne kontaktieren.