You are currently viewing Exmatrikulation wegen Plagiatsversuch

Exmatrikulation wegen Plagiatsversuch

Studenten, die bereits die erste Hausarbeit geschrieben haben, kennen den Satz:

„Hiermit bestätige ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und keine anderen als die angegeben Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, sowie wörtlich und sinngemäß übernommene Passagen aus anderen Werken kenntlich gemacht habe.“

Unterschied Eigenständigkeitserklärung vs. eidesstattliche Versicherung

Solche Formulierungen finden sich in sogenannten „Eigenständigkeitserklärungen“ von universitären Arbeiten. Im Unterschied zu einer eidesstattlichen Versicherung, handelt es sich hierbei nicht um eine Versicherung „an Eides statt“. Eine solche Eigenständigkeitserklärung hat zwar eine rechtliche Bindungswirkung, eine Strafbarkeit wegen falscher Versicherung an Eides Statt nach § 156 StGB wäre hier aber nicht erfüllt. Eine eidesstattliche Versicherung findet sich meist unter Bachelor- oder Masterarbeiten.

In der Regel bleiben aber diese Hinweise reiner Formalismus. Die Ankündigung von Hochschulen, dass ein Verstoß gegen die Eigenständigkeitserklärung zu einem endgültigen nichtbestehen der Prüfung oder sogar zur Exmatrikulation (Ausschluss aus der Universität) führt, bleiben meist ohne Konsequenzen

Sachverhalt

Anders widerfuhr es jedoch einem Lehramtsstudenten aus Berlin. Dieser reichte 2017 eine Hausarbeit ein, die eine eidesstattliche Versicherung enthielt, dass er „die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfsmittel angefertigt und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel und Quellen verwendet habe.“ Doch genau das war nicht der Fall. So zeigte sich, dass die Arbeit in verschiedensten Punkten mit einer Arbeit übereinstimmt, die im Internet frei verkäuflich war. Als Quelle nannte der angehende Lehrer diese Arbeit jedoch nicht. Das pikante dabei, der Masterstudent ist bereits in seinem Bachelorstudium wegen einem ähnlichen Verhalten aufgefallen und hatte eine akademische Verwarnung erhalten, man kann hier auch von einer “gelben Karte” sprechen.

Die Universität schloss den Studenten wegen wiederholten Täuschungsversuchen von der Ablegung des Moduls aus. Das hatte zur Folge, dass der angehende Lehrer sein Studienfach nicht zu Ende führen konnte. Der Student ist inzwischen exmatrikuliert. Gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses legte der Student Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin ein. Im Urteil vom 09.04.2020 wies das Gericht die Klage jedoch als zulässig, aber unbegründet ab.

Entscheidungsgründe des VG Berlin

Das VG Berlin sah den Vorwurf der Täuschung in einer Prüfung als erwiesen an. Der Student hatte in seiner Arbeit die Quelle aus dem Internet nicht als solche kenntlich gemacht und sich damit den Inhalt zu eigen gemacht. Dass der Student die Arbeit sprachlich umformulierte und eben nicht wörtlich übernahm, macht dabei keinen Unterschied. Aufbau, Struktur und Gedankenführung blieben in der Hausarbeit des Studenten unverändert gleich. Zudem kamen beide Arbeiten auch zu einem Schluss, der sich vor allem durch eine geringe Wertung ausgezeichnet hat.

Unkenntnis erschien nicht nachvollziehbar

Dass der Student vortrug, dass er die Arbeit aus dem Internet nicht kenne und somit auch ein Plagiat ausgeschlossen sein müsste, überzeugte das Gericht nicht. Vielmehr betonte das Gericht, dass der Student durch die Umformulierung ohne entsprechende Kenntlichmachung des ursprünglichen Gedankens, dafür spricht, dass er den ursprünglichen Gedanken als eigenen ausgeben wollte. Das zeigt die täuschende Vorgehensweise des Klägers. Das Gericht untermauerte seine Ausführung anhand verschiedenster Beispiele aus der Arbeit. So war auch der Einwand des Studenten, es handele sich hier um zufällige Übereinstimmung, vom Tisch.

Verhältnismäßigkeit

Weiterhin erklärte das Gericht, dass diese Täuschungshandlung auch erheblich war, da die Vielzahl von übernommenen Passagen dafür spreche, dass es sich nicht nur um vereinzelte Schwächen oder bloße Nachlässigkeit handelte. Das führte dazu, dass auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hier gewahrt wurde.

Bachelor und Master als Gesamtqualifikation

Es wurde auch berücksichtigt, dass der Student bereits in seinem Bachelorstudium wegen Täuschung aufgefallen ist. Sein Einwand, es handele sich beim Bachelor und Masterstudium um zwei unterschiedliche Studiengänge wies das Gericht zurück. So ist gerade das Lehramtsstudium als Gesamtqualifikation zu betrachten. Dass es auf Grund des Bachelor- und Mastersystems hier zu einer inhaltlichen und organisatorischen Trennung kommt, tut dabei keinen Abbruch. Der Masterstudiengang im Lehramt diene gerade der Vertiefung des bisherigen Studieninhaltes.

Keine Bedenken hinsichtlich der Rechtsfolge

Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen konnte das VG Berlin keine Rechtsfehler feststellen. Vielmehr zeige die Missachtung der wissenschaftlichen Standards durch das Stunden, dass er das zentrale Lernziel des Lehramtsstudiums nicht erreicht hat. Dieses besteht darin eigenständig wissenschaftlich zu arbeiten.

Einordnung des Urteils

Das Urteil zeigt wie genau in Plagiatsfällen die Gerichte die aufgeworfenen Vorwürfe prüfen. Anhand dutzender Passagen wurde dargestellt, wo sich inhaltliche Überschneidungen der Gedankengänge zeigten. Wichtiger aber ist, dass dieses Urteil zeigt, dass ein reines Umformulieren von Texten nicht reicht, um die Grenze zum eigenen Gedanken zu überwinden. Soweit es sich dennoch um fremde Leistungen handelt, entlastet ein einfaches Umformulieren nicht vor dem Plagiatsvorwurf. Vielmehr sind eigene Schlüsse aus der wissenschaftlichen Arbeit zu ziehen. Ist dies nicht der Fall, so muss der Gedanke auch entsprechend kenntlich gemacht werden.

Zudem ist spannend, dass das Urteil trotz des Unterschiedes Bachelor- und Masterstudium, zumindest im Bezug auf Lehramt, von einer Gesamtqualifikation ausgeht. Ob und inwieweit sich diese Ansicht auch auf andere Studiengänge ausweitet, wird mit Spannung zu verfolgen sein.

Zuletzt zeigt der Sachverhalt, dass Studenten, die sich eine Hausarbeit kaufen, sich nicht in Sicherheit wiegen sollten. Moderne Plagscaner finden auch solche, als pdf erhältliche Arbeiten und machen entsprechende Plagiate kenntlich. Zwar erschwert eine Umformulierung der Texte die Auffindbarkeit, aber wie das Urteil zeigt, muss dies nicht immer gelten.

Sehen Sie sich auch dem Vorwurf des Plagiats ausgesetzt oder haben Sie noch mehr Fragen rund um Plagiate, Ghostwriter oder ähnlichen Themen? Dann kontaktieren Sie mich direkt. In vielen Fällen lassen sich diese Vorwürfe durch eine dezidierte Argumentation aus der Welt schaffen.