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Grundlagen der Stellvertretung im Zivilrecht

Haben Sie schon einmal jemanden beauftragt, etwas in Ihrem Namen zu erledigen? Vielleicht haben Sie Ihren Assistenten gebeten, Büromaterial zu bestellen, oder Ihren Partner gebeten, ein Paket von Ihnen abzuholen. Genau darum geht es bei der Stellvertretung im deutschen Zivilrecht. In diesem Artikel erkläre ich Ihnen leicht verständlich, was Stellvertretung bedeutet, wann sie möglich ist und worauf Sie achten müssen.

Was ist Stellvertretung?

Stellvertretung bedeutet, dass eine Person (der Vertreter) für eine andere Person (den Vertretenen) handelt und rechtsverbindliche Erklärungen abgibt. Die rechtlichen Grundlagen dafür finden sich in den §§ 164 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Ohne dieses Konstrukt würde auch unsere Wirtschaft nicht funktionieren, denn überall begegnet uns regelmäßig eine Stellvertretung. Das kann beim Einkaufen im Supermarkt oder beim Autokauf sein. Meist sind hier nämlich nicht die Geschäftsführer selbst an der Kasse, sondern Mitarbeiter, die als Stellvertreter fungieren.

Wann ist Stellvertretung möglich?

Damit eine Stellvertretung rechtswirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Hier ist ein einfacher Leitfaden, um zu prüfen, ob eine Stellvertretung in Ihrem Fall in Betracht kommt.

Zulässigkeit der Stellvertretung

Stellvertretung ist in den meisten Fällen erlaubt, aber es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel können höchstpersönliche Rechtsgeschäfte wie die eigene Hochzeit oder die Errichtung eines Testaments nicht durch einen Vertreter erledigt werden. Es wäre auch seltsam, wenn Ihr bester Freund an Ihrer Stelle von dem Traualtar stehen würde. Ebenso sind sogenannte Realakte, wie die Übergabe von Gegenständen, nicht durch Stellvertretung möglich.

Eigene Willenserklärung des Vertreters

Der Vertreter muss eine eigene Willenserklärung abgeben. Das bedeutet, er muss selbst entscheiden, was er sagt oder tut. Dies unterscheidet den Vertreter von einem Boten, der lediglich die Nachricht eines anderen übermittelt, ohne eigenen Entscheidungsspielraum.

Beispiel: Sie bitten Ihren Assistenten, in Ihrem Namen neue Bürostühle zu bestellen. Der Assistent handelt als Ihr Vertreter und gibt eine eigene Willenserklärung ab.

Im fremden Namen

Der Vertreter muss klarstellen, dass er für eine andere Person handelt. Dies nennt man das Offenkundigkeitsprinzip. Der Dritte (z.B. der Verkäufer) muss wissen, dass der Vertreter nicht für sich selbst, sondern für jemand anderen handelt.

Beispiel: Ihr Assistent sagt beim Bestellen der Bürostühle: „Ich bestelle diese Stühle im Namen meines Chefs.“ So weiß der Verkäufer, dass er eigentlich mit Ihnen und nicht mit Ihrem Assistenten einen Vertrag abschließt. Meist ist das aber bereits an der Signatur der E-Mail erkennbar.

Ausnahmen vom Offenkundigkeitsprinzip

In manchen Fällen ist es nicht notwendig, offenzulegen, für wen der Vertreter handelt. Dies gilt für alltägliche Bargeschäfte, die sofort abgeschlossen werden, wie der Kauf eines Sandwichs im Café.

Innerhalb der Vertretungsmacht

Der Vertreter muss innerhalb der ihm erteilten Vertretungsmacht handeln. Diese Vertretungsmacht kann durch das Gesetz oder durch eine Vollmacht erteilt werden.

Gesetzliche Vollmacht

Gesetzliche Vertretungsmacht ergibt sich direkt aus dem Gesetz. Beispiele sind:

  • Eltern vertreten ihre minderjährigen Kinder (§ 1629 BGB).
  • Der Geschäftsführer einer GmbH vertritt die Gesellschaft (§ 35 GmbHG).

Rechtsgeschäftliche Vollmacht

Eine Vollmacht kann auch durch eine Willenserklärung erteilt werden. Sie kann ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden und bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form.

Beispiel: Sie geben Ihrem Assistenten mündlich die Erlaubnis, in Ihrem Namen Bürostühle zu bestellen. Dies ist eine rechtsgeschäftliche Vollmacht.

Erlöschen der Vollmacht

Die Vollmacht erlischt in der Regel, wenn das Grundverhältnis zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter endet, beispielsweise durch Widerruf oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Beispiel: Sie entlassen Ihren Assistenten. Damit erlischt automatisch seine Vollmacht, in Ihrem Namen Geschäfte abzuschließen.

Fazit

Stellvertretung ist ein wichtiges und alltägliches Konzept im Zivilrecht. Es ermöglicht es Ihnen, andere Personen in Ihrem Namen handeln zu lassen und so Ihre Rechte und Pflichten zu übertragen. Wichtig ist, dass der Vertreter klarstellt, für wen er handelt und dass er innerhalb der ihm erteilten Vollmacht bleibt. Wenn Sie Fragen zur Stellvertretung haben oder sich unsicher sind, wie sie in Ihrem Fall angewendet werden kann, kontaktieren Sie mich gerne.

Sebastian Geidel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht